„Man hat niemals Zeit, es richtig zu machen, aber immer Zeit, es noch einmal zu machen"
15.7.2025
10
Min. Lesedauer

Warum schlechtes Anforderungsmanagement dein Projekt teurer macht, obwohl du dachtest, Zeit zu sparen
„Wir haben aktuell keine Zeit, das sauber aufzusetzen.“ Diesen Satz hört man oft, wenn es darum geht, das Anforderungsmanagement einmal auf eine solide Basis zu stellen. Es scheint fast, als sei ein strukturiertes Anforderungsmanagement ein Luxus, den man sich „vielleicht später“ leistet, wenn Zeit ist.
Paradox nur: Ausgerechnet dieser Verzicht führt fast immer zu deutlich höheren Aufwänden. nur eben später. Denn sobald Missverständnisse, Lücken oder unnötige Features in der Entwicklung auffliegen, beginnt die kostspielige Schleife des Nacharbeitens, Umplanens und Rechtfertigens. Und nicht selten ist das Kind dann schon in den Brunnen gefallen: Entwickler haben Arbeit doppelt gemacht, Tester müssen Szenarien umschreiben, und im schlimmsten Fall steht man vor dem Kunden mit einer Auslieferung, die nicht das hält, was sie versprochen hat.
Das berühmte Zitat, meist Edward A. Murphy Jr. zugeschrieben, bringt es auf den Punkt:
„Man hat niemals Zeit, es richtig zu machen, aber immer Zeit, es noch einmal zu machen.“
Und genau das ist der Kern eines dysfunktionalen Anforderungsprozesses. Man spart sich den Aufwand dort, wo es am wenigsten wehtut – ganz am Anfang – und zahlt ihn mit Zins und Zinseszins zurück, wenn die Fehler später auflaufen. Der Projektverlauf wird zäh, die Motivation im Team sinkt, und die Kosten steigen. Und doch wundert sich niemand, denn „so ist das halt bei Projekten“.
Aber das stimmt nicht. Projekte müssen nicht so laufen.
Sie laufen so, wenn man Anforderungen nicht ernst genug nimmt.
Typische Symptome schlechter Anforderungen
Wer glaubt, „ein paar Stichworte in Excel“ würden als Grundlage für ein Projekt ausreichen, merkt früher oder später, dass genau das zum Bumerang wird. Denn aus vagen, unvollständigen oder widersprüchlichen Anforderungen entstehen keine klaren Ergebnisse, sondern ein permanenter Interpretationsspielraum, der Projekte ausbremst.
Die Symptome sind dabei fast immer dieselben:
- Die Umsetzung zieht sich unnötig in die Länge, weil Entwickler ständig Rückfragen stellen oder im schlimmsten Fall in die falsche Richtung arbeiten.
- Stakeholder sind enttäuscht, weil das Ergebnis nicht ihren Erwartungen entspricht, obwohl du meinst, diese klar geäußert zu haben.
- Testfälle greifen ins Leere, weil niemand mehr weiß, was ursprünglich gemeint war oder wie es überprüft werden soll.
- Änderungswünsche nehmen Überhand, weil sich erst spät zeigt, was fehlt oder im Widerspruch steht.
- Und trotz aller Mühe, trotz voller To-do-Listen und Nachtschichten, bleibt der Projekterfolg aus; einfach, weil das Ziel nie sauber beschrieben wurde.
All diese Effekte sind keine „normalen Projektrisiken“, sondern direkte Folgen eines unzureichenden Anforderungsmanagements. Und in den meisten Fällen liegt die Ursache nicht in fehlendem Wissen, sondern schlicht in Zeitmangel oder falsch verstandener Agilität.
Warum „richtig machen“ weniger Zeit kostet als „noch einmal machen“
Gutes Anforderungsmanagement ist kein bürokratischer Selbstzweck. Es ist der Versuch, von Anfang an Klarheit zu schaffen über das, was wirklich gebraucht wird, und wie es verlässlich umgesetzt werden kann. Es geht darum, die Komplexität eines Vorhabens zu beherrschen, bevor sie einen überrollt.
Wer Anforderungen von Anfang an sauber strukturiert, gewinnt an allen Fronten:
- Komplexität wird beherrschbar, weil Anforderungen nachvollziehbar, konsistent und prüfbar formuliert sind.
- Die Zusammenarbeit im Team wird reibungsloser, weil alle dasselbe Bild vor Augen haben, statt mit unterschiedlichen Annahmen zu arbeiten.
- Änderungen lassen sich effizient umsetzen, weil klar ist, welche Auswirkungen sie haben.
- Und Test und Abnahme werden planbar, weil eindeutig ist, was erfüllt sein muss.
Das Beste daran: Wer sich die Zeit nimmt, es richtig zu machen, spart unterm Strich sogar Zeit: in der Umsetzung, im Testing, in der Abstimmung.
Denn eine saubere Anforderung spart nicht Minuten, sondern verhindert ganze Korrekturschleifen und die sind meist um ein Vielfaches aufwändiger als ein klarer Start.
Was bedeutet „richtig machen“ konkret im Anforderungsmanagement?
Oft bleibt die Forderung nach „besserem Anforderungsmanagement“ vage. Doch was heißt das eigentlich ganz konkret im Projektalltag? Im Kern geht es um vier einfache, aber wirksame Prinzipien:
- Anforderungen früh strukturieren
Nutze Templates oder spezialisierte Tools wie reqSuite® rm, um Anforderungen von Anfang an sauber zu gliedern, zum Beispiel nach Systemebenen, Anwendungsfällen oder Stakeholdergruppen.
So entsteht ein übersichtlicher Rahmen, der Klarheit schafft und spätere Änderungen deutlich erleichtert.
- Anforderungen präzise formulieren
Aussagen wie „Das System soll benutzerfreundlich sein“ sind gut gemeint, aber nutzlos.
Was bedeutet benutzerfreundlich? Für wen? In welchem Kontext?
Formuliere Anforderungen so, dass sie interpretationssicher und testbar sind. Nur dann lassen sie sich auch umsetzen, ohne endlose Rückfragen.
- Anforderungen systematisch prüfen
Fehler in Anforderungen sind keine Seltenheit, aber sie lassen sich vermeiden.
Nutze Checklisten, Peer Reviews oder moderne, KI-gestützte Analysen, um Unklarheiten, Lücken und Widersprüche frühzeitig zu erkennen, nicht erst, wenn das System schon gebaut ist.
- Anforderungen versionieren und rückverfolgen
Änderungen gehören zum Projektalltag. Doch ohne saubere Nachverfolgbarkeit wird jede Änderung zur Blackbox.
Ein gutes Anforderungsmanagement ermöglicht es, jede Entscheidung nachvollziehbar zu machen, und statt nach Bauchgefühl mit Fakten zu entwickeln.
Zeitdruck ist keine Ausrede, sondern ein Grund
„Dafür haben wir jetzt keine Zeit.“
Ein häufiger Satz, aber einer, der in Wirklichkeit genau das Gegenteil bedeutet: Wer unter Zeitdruck steht, hat keine Zeit für Reibungsverluste. Und genau das leistet ein gutes Anforderungsmanagement.
Denn der Aufwand, Anforderungen von Beginn an sauber zu erfassen und zu strukturieren, ist deutlich geringer als die Summe der Korrekturen, die später nötig werden, wenn es eben nicht sauber gemacht wurde.
Viele Überstunden, hektische Abstimmungen und kostspielige Nacharbeiten entstehen nicht durch zu wenig Arbeitszeit, sondern durch unklare Anforderungen.
Und ja, in überlasteten Teams wirkt der Gedanke, jetzt auch noch das Anforderungsmanagement zu verbessern, schnell wie ein zusätzlicher Kraftakt. Doch das muss es nicht sein. Es geht auch schrittweise und pragmatisch:
- Kein Rundumschlag – sondern gezielter Start
Du musst nicht alles auf einmal umkrempeln. Starte dort, wo der größte Schmerz liegt. Zum Beispiel bei Anforderungen, die ständig missverstanden werden, oder bei Review-Runden, die nichts bringen.
- Mit echten Tools statt Word und Excel arbeiten
Verabschiede dich vom Copy-Paste-Chaos. Nutze Tools wie reqSuite® rm, die dir helfen, Anforderungen strukturiert, konsistent und wiederverwendbar zu erfassen, statt jedes Mal bei null anzufangen.
- Wiederkehrende Fehler automatisiert vermeiden
Moderne Werkzeuge bieten dir heute bereits integrierte KI-Funktionen zur Qualitätssicherung. So werden unklare, doppelte oder widersprüchliche Anforderungen automatisch erkannt, bevor sie zum echten Problem werden.
- Schritt für Schritt statt mit Projektwoche
Du musst nicht auf den großen Reifegradsprung warten. Schon ein kompaktes Coaching oder ein Online-Workshop kann der entscheidende Impuls sein, und bringt dich spürbar voran.
Die Zeit, die du dafür investierst, bekommst du mehrfach zurück:
In Form von klareren Aufgaben, weniger Abstimmungen, schnelleren Releases, und vor allem: weniger Stress im Projektalltag.
Du willst raus aus der Schleife von Missverständnissen, Rückfragen und Nachbesserungen?
Dann sprich mit uns. Wir zeigen dir, wie du mit pragmatischem Anforderungsmanagement in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse erzielst.
Über den Autor

Dr. Sebastian Adam
Geschäftsführer & Mitgründer
Dr. Sebastian Adam beschäftigt sich seit über 20 Jahren intensiv mit Anforderungsmanagement. Sein Wissen und seine Erfahrung machen ihn zu einem anerkannten Experten, wenn es um die Herausforderungen und Best Practices in diesem Bereich geht. 2015 gründete er die OSSENO Software GmbH, um Unternehmen dabei zu helfen, ihr Anforderungsmanagement einfacher, effizienter und zukunftssicher zu gestalten. Mit reqSuite® rm, der von ihm entwickelten Software, hat er eine Lösung geschaffen, die Unternehmen dabei unterstützt, Anforderungen strukturiert zu erfassen, zu verwalten und nachhaltig zu verbessern. Sein Anspruch: Praxistaugliche Methoden und moderne Technologien zusammenbringen, um Unternehmen wirklich weiterzuhelfen.
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